Mittwoch, 24. Februar 2021

Der Untersuchungsausschuss als Verhörraum des Staatsanwaltes

 

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Wetterkritik: Vorfrühling, Tag 2 – nach Nebel in der Früh sonnig und mild, mit einer Prise Erlen- und Haselpollen. Tipp vom Pollenwarndienst: FFP2-Masken helfen auch dagegen.


Guten Morgen,

wie viele Handys haben Sie eigentlich? Ich frage das, weil es in manchen Kreisen mittlerweile üblich ist, gleich mehrere Mobiltelefone zu benutzen – dienstliche und private und völlig undefinierte. In TV-Serien, die das Leben ruppigerer Milieus schildern, heißen letztere „Burner": Man führt diskrete Gespräche damit und entsorgt die Geräte anschließend. Es soll auch Fälle geben, in denen Zweit-Handys für unstatthafte Affären … aber lassen wir das.

Gernot Blümel jedenfalls hatte mehrere Mobiltelefone, und eines davon schien der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) so verdächtig, dass es nach Recherchen von FALTER.morgen zum (Mit-)Anlass für die Hausdurchsuchung an allen Adressen des nunmehrigen Finanzministers wurde, die seit Tagen für Aufregung sorgt. Warum wir das wissen?

Dazu müssen wir zum 25. Juni des Vorjahres zurückblenden, an dem Blümel im Ibiza-Untersuchungsausschuss einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Nicht weniger als 86 Mal sah er sich als Auskunftsperson außerstande, Fragen zu beantworten, weil er sich „nicht erinnern” konnte. Und trotzdem verwickelte sich der ÖVP-Minister in einige Widersprüche. Einer davon trug maßgeblich dazu bei, dass die WKStA den Hausdurchsuchungsbefehl gegen Blümel erwirkte.

Zur Erinnerung: Die WKStA ermittelt gegen Blümel wegen dessen Chat-Verkehr mit dem früheren Novomatic-Chef Harald Neumann. Einige Konversationen erwecken den Eindruck, der Glücksspielkonzern habe versucht, sich mit Spenden an die ÖVP politische Unterstützung bei einem Steuerverfahren in Italien zu erkaufen. Sowohl Novomatic als auch Blümel bestreiten dies.

Aber warum nun der Durchsuchungsbefehl? Auf dem sichergestellten Handy von ÖBAG-Chef Thomas Schmid (dieser wird in Ermittlungen in der Postenschacher-Affäre rund um die Casinos Austria als Beschuldigter geführt) fanden die Ermittler mehr als 1.500 Nachrichten, die im Zeitraum von 2014 bis 2019 zwischen Blümel und Schmid ausgetauscht wurden. Das Interessante dabei: Blümel benutzte für die Konversationen mit Schmid nicht sein Diensthandy. Das geht aus einem Amtsvermerk vom 22. Dezember 2020 hervor, der FALTER.morgen vorliegt.

„Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der sachverhaltsrelevante Nachrichtenwechsel von einem seit 2014 bestehenden privaten Anschluss geführt worden sein musste und nicht von dem Mobiltelefon, das Mag. Blümel, MBA laut seiner eigenen Auskunft im Untersuchungsausschuss zurückgegeben hat”, heißt es darin. Die Hausdurchsuchung bei Blümel diente also (auch) dem Zweck, dieses ominöse Handy und die darauf möglicherweise erhaltenen Informationen sicherzustellen.

© Screenshot

Das wirft auch ein Schlaglicht auf Blümels Aussage im U-Ausschuss. Der FPÖ-Abgeordnete Christian Hafenecker wollte damals nämlich wissen, warum im Akt keine Chats zwischen Heinz-Christian Strache und Sebastian Kurz sowie zwischen Strache und Blümel zu finden sind. „Haben Sie noch Nachrichten gespeichert von und mit H.-C. Strache?”, fragte Hafenecker.

Die Antwort von Blümel: „Nein, mit Sicherheit nicht, jedenfalls nicht von damals und, ich glaube, danach auch nicht. Ich habe mittlerweile dreimal ein anderes Handy, weil ich dreimal eine andere Funktion dazwischen gehabt habe. Insofern ist das sicher nicht mehr der Fall.”

Er wird schon wissen, warum er vergessen hat, dieses Mobiltelefon zu erwähnen.

Ich wünsche Ihnen einen gesprächigen Tag, an dem Sie den Überblick über ihre elektronischen Geräte nicht verlieren!

Josef Redl


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